Konfliktlösung, Klärung & Kommunikation im Blog

Das Gedankenkarussell stoppen: Gedankenstopp-Techniken

von Dorle Weyers

Gegen Grübeldrang und Gedankenkarussell kann diese einfache & 'sinnliche' Gedankenstopp-Übung helfen. Sie unterstützt Sie, hartnäckige nervige oder negative Gedanken zu stoppen, zumindest solange aus dem Grübeldrang noch kein Grübelzwang geworden ist. Je früher Sie also damit starten, umso besser:

Das Gedankenkarussell feuert sich selbst an

Wenn wir stundenlang grübeln, immer wieder die gleichen Runden im Kopf drehen und daran fast durchdrehen, wird es höchste Zeit für einen Gedankenstopp. Solange wir den nervigen oder negativen Gedanken freien Lauf lassen, „üben“ wir die unerwünschten Gedanken auch noch ungewollt ein: Wir trainieren unser Gehirn, immer und immer wieder seine Runden im gleichen Gedankenkarussel zu drehen. Denn: “Neurons that fire together, wire together." (Donald Hebb): 'Neuronen, die miteinander feuern, vernetzen sich' – und feuern daher immer schneller, leichter und öfter zusammen. Das Gedankenkarussell nimmt seinen Lauf: Was als schmaler Gedanken-Trampelpfad im Gehirn begann wird schließlich zur Gedanken-Autobahn. Zugleich wird es stets schwerer, die Ausfahrt zu finden.

Gedankenstopp-Techniken eignen sich als Gegen-Maßnahme für alle nervigen und negativen Gedanken, die nicht gerade der Problemlösung dienen. Das können kreisende Sorgen sein, an deren Ursachen wir durch's Grübeln leider nichts ändern können. Klassische Gedankenkarussell-Themen sind sicher Eifersucht und Trennungen. Aber natürlich kann es sich auch um andere private oder wichtige berufliche Fragen drehen. Geht es eher darum, sich bei Konflikten und Stress besser selbst beruhigen zu können, könnte 'Somatic Experiencing' Sie bei der Selbstregulation unterstützen.

Mit der folgenden Übung können Sie mit etwas Glück negative Gedanken unterbrechen, den Grübeldrang und das Gedankenkarussell stoppen. Probieren Sie den ‚Gedankenstopp mit allen Sinnen‘ aus. Und falls Sie trotzdem weiter grübeln, probieren Sie unbedingt weitere Methoden. Mehrere Anregungen dazu finden Sie weiter unten in diesem Text.

Gedankenstopp: Sinnlich & sinnvoll

Mit dieser Achtsamkeitsübung holen Sie sich mit Ihren Sinnen ins Hier und Jetzt. Denn Sie unterbrechen das Was-war-oder-was-wäre-wenn-Gedankenkarussell im Kopf, indem Sie sich ganz und gar auf Ihre Sinne konzentrieren. Das gelingt manchmal ganz leicht, ein anderes Mal kann es schwer sein. In jedem Fall lonhnt es sich, dran zu bleiben: Die Übung ist kostenlos, hat keinerlei Nebenwirkungen ... und uns auf unsere Sinne zu fokussieren, macht das Leben allemal sinnlicher.

Sehr gut eignet sich ein Spaziergang für den sinnlichen Gedankenstopp. Hierbei atmen Sie ruhig und wenn möglich in den Bauch, nehmen Ihre Umgebung wahr und richten Ihre Aufmerksamkeit nach außen.

Konzentrieren Sie sich dabei auf einen Sinn nach dem anderen: Also Sehen, Hören, Riechen / Schmecken, Fühlen. Das Wort ‚Dinge‘ steht hier für alles, was sinnlich wahrnehmbar ist.

So gehen Sie beim Gedankenstopp vor:

Die 1. Runde: 5 Dinge sehen, hören, riechen/schmecken, fühlen

1. Sehen: Nehmen Sie zuerst nacheinander mit viel Zeit und Ruhe 5 Dinge wahr, die Sie sehen, ohne sie zu bewerten. 
Schauen Sie einfach, was Ihren Blick auf sich zieht. Ist dies z. B. zuerst ein Baum, dann schenken Sie ihm zunächst all Ihr Gewahrsein, so als gäbe es gerade nichts anderes, was zählt. Sehen Sie ihn genau an, lassen Sie Ihn (ohne jede Bewertung) auf sich wirken.
Was kommt danach in Ihren Blick? Ist es z. B. der Weg, dann konzentrieren Sie sich nun ganz und gar darauf. Schauen Sie auf Details oder lassen Sie den Blick darüber schweifen – ohne zu bewerten. Schauen Sie einfach, was Sie sehen ...
Danach werden Ihre Augen wieder etwas anderes entdecken, vielleicht einen See, eine Brücke, eine Blume, eine Skulptur, ein Blatt oder eine Haus. Nehmen Sie es, wie es ist, – bis sie 5 Dingen Ihre visuelle Aufmerksamkeit geschenkt haben.

2. Hören: Dann nehmen Sie 5 Dinge wahr, die Sie hören, ohne sie zu bewerten.
Also z. B. ein fahrendes Auto, Ihre Schritte, das Blätterrauschen, einen Vogel, die Worte der Passanten.
Nun sind Sie "ganz Ohr". Als gäbe es gerade nichts anderes, als dieses Geräusch (z.B. das Auto). Danach das zweite Geräusch (vielleicht Ihre Schritte) usw.

3. Riechen & Schmecken: Dann nehmen Sie 5 Dinge wahr, die Sie riechen oder schmecken, ohne sie zu bewerten.
Also z. B. die Blumen, das Gras, das Wasser, die Abgase, das Kaugummi, die letzten Spuren des Mittagessens, ...

4. Fühlen: Dann nehmen Sie 5 Dinge wahr, die Sie auf Ihrer Haut fühlen, ohne sie zu bewerten.
Also z. B. die Jeans am Oberschenkel, den Wind im Gesicht, den Schal am Hals, die Schuhsohle beim Abrollen, die Berührung der Finger und der Handfläche.

Die 2. Runde: 4 Dinge, die Sie sehen, hören, riechen/schmecken, fühlen

Jetzt wiederholen Sie das Gleiche mit jeweils 4 Dingen, die Sie sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen. Natürlich dürfen Sie sich hierbei auch wiederholen. Es geht nicht um Originalität, sondern um Achtsamkeit: Darum wirklich (hin-) zu sehen, zu hören, zu riechen … Sich also ganz und gar auf den jeweiligen Sinn zu konzentrieren, und dabei ganz entspannt im Hier und Jetzt zu sein.

Die 3.,4. und 5. Runde: Von 3 Dinge, die … über 2 Dinge, die ... bis zu 1 Ding, das Sie sehen, hören, riechen/schmecken, fühlen

Jetzt wiederholen Sie das Gleiche mit jeweils 3 Dingen, die Sie sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen. Dann mit je 2 Dingen, und schließlich mit je je einer sinnlichen Wahrnehmung.

Warum Achtsamkeit hilft, negative Gedanken zu stoppen

Das Ergebnis des Gedankenstopps: Wenn Sie sich auf die Übung einlassen (können), steigt ihr Gehirn aus dem Gedankenkarussell aus. Schließlich ist es nun ganz woanders unterwegs, andere neuronale Netzwerke sind aktiviert: eben diejenigen, die die Informationen Ihrer Augen, Ohren, Nase, Mund und Haut verarbeiten. Falls Ihr Gehirn jetzt wieder denken will: Nutzen Sie die Grübel-Unterbrechung ganz schnell für einen Themenwechsel. Denken Sie also ganz bewusst an andere Dinge, z. B. an etwas, das Ihnen gut tut oder gut gefällt. Oder an andere, am besten angenehme Dinge, die Ihre Konzentration fordern, also: Ihr Gehirn gut beschäftigen.

Sollte der Gedankenstopp noch (!) nicht von langer Dauer sein, so hatte Ihr Gehirn während der Übung zumindest schonmal eine wohltuende Pause vom Grübelzwang. Auch das ist ein erster Schritt, um das Gedankenkarussel auf Dauer zu unterbrechen. Je öfter Sie Ihr Gehirn auf andere Gedanken bringen, desto weniger feuert das neuronale Grübel-Netzwerk. Und desto näher rückt der Tag, an dem das Gedankenkarussell in Ihrem Kopf keinen Raum mehr einnehmen wird. Zudem trainieren Sie damit Ihre Fähigkeit, auch in anderen Situationen Grübeldrang und negative Gedanken zu stoppen. Je öfter Sie Gedankenstopp-Technik anwenden bzw. trainieren, desto besser wird es Ihnen auch in Stress-Situation gelingen. So stärken Sie Ihre Selbstwirksamkeit und damit auch Ihr Kohärenzgefühl.

Möchten Sie weiterhin Ihre negativen Gedanken stoppen, fangen Sie einfach wieder mit der 1. Runde an. "Vor dem Spiel ist nach dem Spiel." Falls es gar nicht klappt oder Sie unter regelrechten Zwangsgedanken leiden, gönnen Sie sich am besten therapeutische Unterstützung.

 

 

Weitere Wege zu mehr Ruhe, Gelassenheit & Entspannung

Zuviel Anspannung und Stress schaden bekanntlich nicht nur uns, sondern auch unserer Arbeit und unseren Beziehungen: Sie belasten, lassen leiden, machen krank. Grübeldrang und Gedankenkarussells sind nur zwei von vielen möglichen Symptomen.Ebenso ist die Gedankenstopp-Übung nur eine von zahlreichen Möglichkeiten, um ruhiger, resilienter und gelassener zu werden.

Die wunderbar heilsame Wirkung von Yoga und Meditation ist wissenschaftlich bereits recht gut belegt. Methoden wie Qigong sind ebenfalls meditativ und haben daher (fast sicher) eine ähnliche Wirkung, auch wenn dies meines Wissens bislang wissenschaftlich weit weniger erforscht wurde. Qigong nutzt zudem die imaginative Kraft starker Bilder – ähnlich wie z. B. die Hypnotherapie. Auch Coaching, Supervision und Paartherapie können helfen, sich beruflich und privat zu entspannen, innere Entlastung, Ruhe und Achtsamkeit zu entdecken. Und natürlich gibt es mittlerweile zahllose Apps und Videos im Internet, die uns bei der Selbstregulation unterstützen können. Als App-Muffel empfehle ich selbst stattdessen gern unter anderem folgende Medien, die Sie zu Hause jederzeit nutzen können – ganz ohne Vorkenntnisse und autodidaktisch:

40 Minuten "MBSR-Yoga": Diese Einführung in das Achtsamkeits-Yoga nach Jon Kabat-Zinn vermittelt leichte Yoga-Übungen, die Körper & Seele stärken, indem sie Achtsamkeit, Entspannung und Gesundheit fördern. Einfach auf eine Matte legen, zuhören & mitmachen! – Oder: 30 Minuten MBSR-Yoga im Stehen auf derselben CD ausprobieren. Wer mehr davon möchte findet in den mittlerweile vielerorts angebotenen sechswöchigen MBSR-Kursen Gleichgesinnte und ein strukturiertes Programm für mehr Achtsamkeit im Alltag. Yoga-Angebote sind ja ohnehin schon lange populär. Die physiologische bzw. gesundheitliche Wirkung von Yoga wurde unter anderem von Ulrich Ott wissenschaftlich untersucht und z. B. in seinem Buch "Yoga für Skeptiker" beschrieben.

23 Minuten "Body-Scan": Sich vom Kopf bis zu den Füßen spüren; den eigenen Körper, Gefühle und Gedanken wohlwollend & achtsam wahrnehmen; ... entspannen! – Darum geht es beim so genannten Body-Scan. Bei der Techniker Krankenkasse gibt es ihn sogar gratis als mp3-Datei: sehr angenehm gesprochen, wahlweise mit oder ohne Musik.

20 Minuten "Sammeln & Loslassen": Die zweite von drei hypnotherapeutischen Übungen auf der CD "Wie von Zauberhand" der Psychotherapeutin Agnes Kaiser-Rekkas. Ihr Ziel ist es, die innere Lösung & Befreiung von belastenden Gedanken, Gefühlen & Schmerzen zu fördern und stärkt Selbstwertgefühl & Lebensfreude.

Und last but not least kann ein SE-Coaching ein sehr guter Weg sein, um Gedankenkarussells zu stoppen und Ihre Selbstregulation zu stärken.

Ob Bodyscan oder Yoga, Qigong oder Somatic Experiencing: All diese Ansätze unterstützen Sie nicht nur beim Entspannen. Regelmäßig praktiziert stärken sie zudem eine Fähigkeit, die viele Menschen im Alltag eher selten kultivieren – nämlich: den eigenen Körper bewusst und differenziert wahrzunehmen. Und da unsere Körperwahrnehmung ein wesentlicher Schlüssel zu unseren Gefühlen ist, fördern sie auf diesem Weg ebenfalls echtes "Selbst-Bewusstsein". Eine solch gute Körperwahrnehmung ermöglicht uns dann schließlich auch, bereits frühe Körpersignale für Stress und Anspannung als solche zu entschlüsseln. Insofern bildet sie gewissermaßen eine doppelte 'Schlüsselqualifikation', um in Stress-Situationen möglichst bald wieder 'die Kurve zu kriegen', bevor unser autonomes Nervensystem zu hoch aufdreht.

Und falls all das gerade zu viel, nicht möglich oder nicht erfolgreich erscheint: Eine gute (!) Psychotherapie bildet einen stabilen, zielorientierten und hilfreichen Rahmen, um aus unerwünschten Karussells und lebensechten, aber ungesunden Achterbahnfahrten aller Art auszusteigen, um wieder sicheren Boden unter den Füßen zu spüren. Hauptsache Sie ergeben sich weder blödem Gedanken-Terror noch anderen, dauerhaft stressenden Symptomen und/oder Lebensbedingungen.

 

Mehr erfahren? --> Weiterlesen:

Zurück zur Übersicht