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Was heißt hier ‚solidarisch‘?

von Dorle Weyers

Über die wundersame Beitragsvermehrung für/durch freiwillig gesetzlich Krankenversicherte (Selbstständige in der gKV)

Textaufgabe:
Die Freundinnen Anna und Sarah verdienen beide je 4.500 € brutto pro Monat. Als Kinderlose zahlen sie bei der ebenso guten wie günstigen ‚Techniker Krankenkasse‘ monatlich an Kranken- und Pflegeversicherung:

Anna: 255 €,
Sarah: 891 €.*


Wie jetzt? Sarah zahlt bei gleichem Einkommen jeden Monat 636 Euro mehr, also knapp 3,5 mal so viel wie die Freundin? ...
Das wäre ja total ungerecht. Kann gar nicht sein. ––– Oder?

Doch, leider. Es kann sogar exakt so sein, wenn beide wie in diesem Beispiel 2.500 € brutto im jeweiligen Hauptberuf sowie je 2.000 € an sonstigen 'Neben'-Einkünften verdienen.

Des Rätsels Lösung:

Anna ist hauptberuflich angestellt, Sarah selbstständig.

 

Tja, Pech gehabt, liebe Sarah! Das ist nunmal geltendes deutches Recht. Ob es gerecht und solidarisch ist, ist eine andere Frage. Von Fairness ganz zu schweigen.

Freiwillig gesetzlich Versicherte, also vor allem Selbstständige, zahlen bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze, die 2024 bei 5.175 € monatlich liegt:

  1. auf jeden Euro ihres durch die (hauptberufliche) Selbstständigkeit erwirtschafteten Brutto-Einkommens ohnehin doppelt so viel Beitrag wie Angestellte an Kranken- und Pflegeversicherung. Denn schließlich müssen sie auch den Arbeitgeber:innenanteil selbst schultern. Aktuell sind dies je nach Krankenversicherung für Kinderlose ca. 20 %. So weit, so okay. Aber:
  2. Zusätzlich zahlen sie diese 20 % an Kranken- und Pflegeversicherung dann auch noch auf alle oben genannten weiteren Einkünfte.

Hauptberuflich Angestellte hingegen verbeitragen weder das, was sie ggf. selbstständig ‚dazu‘ verdienen, noch Einkünfte wie Zinsen etc. Das sind ca. 200 €, die die Einen pro 1.000 € ganz solidarisch behalten dürfen, während die Anderen sie an die ‚Solidargemeinschaft‘ abtreten müssen. Wundert sich noch jemand, dass immer mehr Leute in Teilzeit angestellt sein wollen?

Meinen Sie, das betrifft doch kaum jemanden, weil Selbstständige ja in der Regel viel besser verdienen?  – Na, schauen wir mal.

Die Auflösung folgt hier. :)

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Warnung: Dieser Text stellt keine individuelle Beratung dar, auch nicht wenn Sie Sarah oder Anna heißen und die genannten Zahlen exakt auf Sie zutreffen. Es handelt sich um eine Beschreibung der ganz (all-)gemeinen Situation.

Immerhin verhilft mir meine anhaltende Empörung über diesen Missstand, trotz KI-Textklaus doch noch einmal meinen Blog zu füttern. Möchten Sie auch etwas gegen diese Ungerechtigkeit tun? Dann thematisieren Sie es in sozialen Medien. Sehr gern können Sie dort oder wo auch immer diesen Beitrag verlinken. Oder befragen Sie Ihre Abgeordneten auf Abgeordnetenwatch zu dem Thema oder organisieren Sie sich in Verbänden, die das Thema vertreten (z.B. Verdi oder der VGSD). Danke!

*PS: Die Berechnung der TK-Beiträge erfolgte mittels der TK-Beitragsrechner für Arbeitnehmer:innen und für Selbstständige. Bei Tipp-, Denk-, Rechen- oder anderen Fehlern, freue ich mich über eine freundliche Nachricht! Ich gestehe, immer wieder selbst ungläubig auf diese Zahlen zu starren.

 

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